Weg vom Leisten und Funktionieren-Müssen, hin zum SEIN-Dürfen und Beitragen-Können.
Die bereits bei der Gründung der SiP 1993 formulierten Ziele – die Förderung eines selbstbestimmten, friedentragenden und ganzheitlichen Menschenbilds, das Unterstützen einer individuellen Entwicklung der Kinder und das Etablieren einer zeitgemäßen Art zu unterrichten – bilden auch 2020 eine wesentliche Orientierung in der Pädagogik an unserer Schule.
Die Kinder an der SiP haben sich in ihrem Zugang zur Welt seit den Gründungsjahren verändert – vor allem die starke Medienpräsenz und die damit verbundene schnelle Verfügbarkeit von Ablenkungen beeinflusst unserer Beobachtung nach die Begeisterungsfähigkeit und die Bereitschaft, sich intensiv auf die Erforschung von Neuem einzulassen. Die Komplexität unseres heutigen Wissensstandes, die rasante Geschwindigkeit mit der sich unsere Welt weiterentwickelt und die digitale Revolution fordern neue Wege und Lösungen von Bildungseinrichtungen, deren Wissens- und Handlungskompetenzen dieser Zeit gerecht werden müss(t)en. Eine große Herausforderung unserer Zukunft wird sein, so meinen Experten, dass alles was Maschinen effizienter und schneller erledigen können als wir Menschen, in Zukunft auch von diesen übernommen werden wird. Eine Vielzahl an Berufsfeldern wird bereits in 10 bis 20 Jahren für uns Menschen nicht mehr zugänglich sein und schon heute werden neue Kompetenzen gefordert, welche von Maschinen nicht erfüllt werden können: Kreativität, komplexe Problemlösungsfertigkeiten, Empathiefähigkeit, Erfindungsgabe, etc. Zukunftsforscher sehen eine große Verantwortung im Bildungssystem: es sollen Gelegenheiten für Kinder und Jugendliche geschaffen werden, sich weg von Durchschnittlichkeit hin zu Außergewöhnlichkeit entwickeln zu können. Die Zukunft braucht Menschen, die wissen wer sie sind, was sie gerne machen und gut können, die gut in Teams kooperieren können, die fähig sind, sich mit Problemen kreativ auseinanderzusetzen und die wieder ein Bewusstsein für die Natur kultivieren.
Um sich zu so einem Gestalter und Schöpfer in dieser Welt entwickeln zu können, müssen zwei menschliche Bedürfnisse, die zugleich unsere ersten Erfahrungen in diesem Leben waren, erfüllt sein: wir müssen uns einerseits mit unserem Umfeld verbunden fühlen und andererseits die Möglichkeit haben, zu wachsen und möglichst autonom die Welt entdecken zu können.
Wir als Schule sehen uns demnach für zwei Hauptaufgaben verantwortlich:
1. einen sicheren Rahmen gestalten, der von Vertrauen, Achtung und Verständnis gekennzeichnet ist und die Basis für ein stärkendes Miteinander ist
2. sinnstiftende Gelegenheiten anbieten, sich selbst und die Welt rund um sich entdecken und somit das Gefühl von Selbstwirksamkeit entwickeln zu können
Erlaubt es das Umfeld einem Kind, diese beiden Erfahrungen zu machen, dann kommt es zu einem Zustand, den der Neurowissenschaftler Gerald Hüther als „Würde“ bezeichnet. Bekommt ein Mensch die Gelegenheit, sich in Würde entwickeln zu können, dann erfährt er sich selbst und sein Wirken in der Welt als sinnvoll. Wir in der SiP sagen dazu, er kann dann sein „Selbst entfalten“. Diese Selbstentfaltung bildet den zentralen Wert unserer Schulgemeinschaft und ist unser größter Ansporn im täglichen Arbeiten.
Abhängig von der Gruppengröße setzen sich unsere Teams meist aus zwei Lehrer*innen zusammen, die das sogenannte Kleinteam bilden. Die Aufgabe der Klassenlehrer ist es, mit den Kindern in Beziehung zu treten, Rahmen und Ziele vorzugeben und sie bestmöglich auf dem Weg zur Erreichung dieser Ziele zu begleiten. Außerdem sollen sie einen Überblick über die Entwicklung der Kinder haben und in Austausch mit den Eltern sein.
Vor allem die ersten Jahre an der SiP sind eine ganz wichtige Zeit. Diese Zeit ist noch sehr stark von Imagination, Phantasie und Einbildungskraft geprägt. In der Primaria 1 soll den Kindern genügend Raum gegeben werden, dieses „Kindsein“ noch leben und erhalten zu dürfen. Vor allem gemeinsames Spielen und Entdecken bieten dafür einen idealen Rahmen.
Der Vormittag ist zeitlich gegliedert in Plan- und Materialarbeitszeit, Pause und (Freie) Lernzeit. In der Plan- und Materialarbeitszeit arbeiten die Kinder mit dem Logbuch oder nehmen an Materialvorstellungen oder Kursen teil. Die freie Lernzeit ist je nach Lerngruppe unterschiedlich verbindlich.
Englisch wird in den Englischkursen sowie im alltäglichen Umgang mit einem Native Speaker vermittelt. Das zweite und dritte Schuljahr haben zusätzlich einmal in der Woche ein aktives Lernangebot, welches auf das Grundlagenwissen der Kinder abgestimmt ist. Mit dem Lernen in dieser fixen Gruppe wollen wir die Kinder sensibel an eine regelmäßige Auseinandersetzung mit bzw. Anwendung der Sprache heranführen.
Sowohl im Bereich Mathematik als auch im Bereich Sprache wird jeweils mit einem Übungsbuch gearbeitet. Zusätzlich bekommen die Kinder Übungshefte zum Schreiben und Rechnen. Das verwendete Montessorimaterial ist sehr gut zum Entwickeln von Einsichten und Zusammenhängen geeignet. Ein ausgeglichenes Arbeiten an haptischen Materialien und graphomotorischen Übungen, sowie der Umgang mit Heften und das Erlernen einer passenden Heftführung ist uns besonders wichtig.
Materialvorstellungen (hauptsächlich von Montessorimaterial) finden 1-2 Mal die Woche für ausgewählte Kinder (je nach Lern- und Entwicklungsstand) statt. Nach der Vorstellung gibt es Arbeitsaufträge, die dann auch im Logbuch stehen.
Die verschiedenen Lerngruppen geben einen klar definierten Arbeitsrahmen vor und regeln, welche Möglichkeiten den Kindern offenstehen. Den Tag in dieser Form einzuteilen, gibt den Kindern Klarheit und Orientierung. Inhalte werden in Form von Kursen, Projekten und Materialvorstellungen präsentiert und erarbeitet.
Kurse, in denen ein Thema erarbeitet wird, werden mit kleinen Gruppen von Kindern gehalten. Diese Gruppen setzen sich nicht nach Alter, sondern nach Lernstand zusammen. Die Anmeldung ist frei, wenn der Kurs aber gewählt wurde, ist diese Wahl für die Dauer des Kurses verbindlich. In Gesprächen versuchen wir gemeinsam mit den Kindern ihre aktuellen Interessen auszuloten und bieten schwerpunktmäßig zusätzliche Materialien an.
Die Aussage Maria Montessoris: „Von der äußeren Ordnung zur inneren Ordnung“, haben wir uns bei der Gestaltung und Strukturierung des Lernraumes zu Herzen genommen, der in Mathematik und einen Sprachbereich inklusive Kosmischer Erziehung geteilt ist.
Als Basis für eine passende Arbeitshaltung ist es wichtig, dass jedes Kind lernt, für sich einen Arbeitsplatz zu finden, an dem es konzentriert lernen kann. Bis das gelingt, begleiten die Lehrer*innen die Kinder dabei. Mit Freunden oder Freundinnen zusammen zu arbeiten kann motivieren, aber auch zerstreuen. Die Kinder werden von den Pädagog*innen dazu angehalten, sich selbst dahingehend zu reflektieren und geben, wenn nötig, Impulse.
Zwischen dem Nest der Primaria 1 und der Sekundaria – dem Tor hinaus in die weite Welt – sind die drei Jahre in der Primaria 2 geprägt von kindlichen Schutzbedürfnissen einerseits und aufkommendem Autonomiestreben andererseits. Die Heterogenität der Kinder in dieser Altersstufe verstärkt oftmals die Ambivalenz dieser beiden Entwicklungsstadien innerhalb der Primaria 2. Diese Altersgruppe ist aber gerade aus diesem Grund eine ganz besondere, da sich kindliches Imaginationsvermögen mit erwachender Reflexionsfähigkeit und aufkeimender Moral paaren.
In der Primaria 2 werden die Inhalte aus Deutsch, Mathematik, Englisch und Kosmik in Epochen mit den Kindern erarbeitet. Innerhalb einer Woche wird der Fokus täglich auf ein anderes Fachgebiet gelegt (Deutschtag, Mathematiktag, Englischtag, Projekttag und Kreativtag), die vernetzende Herangehensweise ist uns dabei besonders wichtig.
Im Laufe des Vormittags haben die Kinder sowohl fixe Kurse (in Mathematik, Deutsch und Englisch), als dass sie auch individuell lernen, spielerisch forschen und üben können. Die Kinder haben während des Vormittages „freie Lernzeiten“, in denen sie selbstständig Aufgaben und Übungsformen wählen und diese individuell oder in Kleingruppen durchführen können. Wichtig ist uns die fokussierte Arbeitshaltung in der Auseinandersetzung mit dem selbstgewählten Lerninhalt.
In der Primaria 2 wird in Mathematik und Englisch mit Büchern gearbeitet. Vor allem im Bereich der Mathematik und in Deutsch werden die Inhalte mit Materialien (größtenteils von Montessori) ergänzt und vertieft. In einer Mappe sammeln die Kinder Übungsblätter aus unterschiedlichen Themenbereichen aus Deutsch, Mathematik, Englisch und Kosmik. Außerdem werden Hefte in D, M und E geführt. Die Englischkurse zeichnen sich durch die Arbeit mit einem strukturierten Buch einerseits und Materialien zur spielerischen Auseinandersetzung mit den Inhalten andererseits aus. Auch im Bereich Kosmik wird ein Ausgleich zwischen interaktivem Erfahrungslernen, dem Ausführen von schriftlichen Aufträgen und Übungsblättern, sowie der Realisierung von verschiedenen Präsentationsformen hergestellt.
Innerhalb der jeweiligen Epochen bekommt jede/r Schüler*in der Primaria 2 Logbücher, die einen Überblick über die unterschiedlichen Übungsbereiche in Deutsch, Mathematik, Englisch und Kosmik geben. Diese orientieren sich an den zu erfüllenden Kompetenzen im Laufe der Primaria 2-Zeit. Die Kinder können dann während den Lernzeiten selbstständig wählen, welchen Aufgaben sie sich widmen wollen. Die Kinder im 6. Schuljahr benötigen für ihren Übertritt in die Sekundaria die positive Absolvierung einer Lernzielkontrolle in den verschiedenen Themengebieten aus Deutsch, Mathematik und Englisch.
Während und am Ende der jeweiligen Epoche finden Reflexionsgespräche in Kleingruppen statt, in welchen die Kinder ihren persönlichen Lern- und Entwicklungsprozess mit der Gruppe besprechen und reflektieren. Feedback bekommen die Kinder außerdem in den Semestergesprächen, zweimal pro Jahr, die als Basis für die Elterngespräche dienen.
Kleinere Tischgruppen, Einzeltische oder auch fixe Arbeitsplätze erleichtern es den Kindern, in ihre Arbeit zu finden. Unterschiedliche Räume (P2, Weltenraum, Bibliothek, Teamraum, Musikraum) ermöglichen es, einen Platz für Ruhe und Struktur während der individuellen Lernphasen zu finden.
Ordnung und Struktur finden sich auch im Führen der Arbeitsunterlagen wieder (Hefte, Mappen, Arbeitsblätter) und in den Dingen des täglichen Bedarfs (rechtzeitiges Vorbereiten und Mitbringen von Büchern, Heften, Kopien) wie auch im wertschätzenden Umgang mit den Lernunterlagen.
Dieses Alter ist in Bezug auf die Entwicklung, nach der Primariazeit, von Labilität und Unsicherheit geprägt. Die Kinder entwickeln sich in Richtung Jugendliche, die sich durch eine große Sensibilität für soziale und gesellschaftliche Zusammenhänge auszeichnen und auf ihrem Weg in Richtung Unabhängigkeit begleitet werden wollen.
Für diesen bevorstehenden Eintritt in die Welt wollen sie ihre Möglichkeiten überprüfen und erforschen und sich – eingebunden in einem sozialen Netz – ihres persönlichen Lebensweges im Klaren werden.
In der Sekundaria sind die Vormittage auch in Kurszeiten (Deutsch, Mathematik und Englisch), freie Lernzeiten, Projekt- und Kreativzeiten eingeteilt.
In der Sekundaria werden die Hauptgegenstände Deutsch, Mathematik und Englisch in Kursform angeboten, alle anderen Bereiche werden über die Projektarbeit und Angebote abgedeckt. Ein Kurs findet wöchentlich für zumindest eine Stunde statt und erfordert Mitschrift in einem eigenen Heft (bzw. auf Arbeitsblättern), die Erledigung der Wochenaufträge und die Mitarbeit innerhalb des Kurses.
Angebote sind in der Regel weniger häufig, individuell wählbar und finden vor allem im Rahmen der Projektarbeit statt.
Im täglichen Lernprozess geben Bücher, Hefte, Mappen und diverse Schnellhefter Orientierung und Überblick über den Lernprozess der Jugendlichen.
In Mathematik und Englisch haben die Schüler*innen Bücher, welche einen sehr strukturierten und klaren Überblick über die zu erlernenden Inhalte geben.
In der Portfoliomappe werden sowohl persönliche Erfolgserlebnisse als auch Tests und die ersten Schularbeiten aufbewahrt.
Zu Beginn des Jahres erstellen die Lehrer*innen gemeinsam mit den Schüler*innen eine Jahresübersicht in Form einer Lernlandkarte. Diese beinhaltet im Groben die wichtigsten Bildungsbausteine und Inhalte des folgenden Jahres. Auch die kontinuierliche Mitarbeit, insbesondere durch die Bearbeitung des jeweils für eine Woche ausgelegten „Wochenblattes“ mit Übungsaufgaben, ist wichtig und gibt den Lehrer*innen einen Einblick in die Kompetenzbereiche der Schüler*innen. Ab der Sekundaria schreiben die Jugendlichen auch Schularbeiten in den Kursen, welche auf Wunsch auch benotet werden.
Zusätzlich sind die Gespräche mit Eltern und Jugendlichen (ähnlich den KEL-Gesprächen), sowie Semestergespräche der Jugendlichen mit ihren Lehrer*innen Orientierungs- und Planungshilfe. Die Unterstützung der Eltern bei den anfallenden Aufträgen und vor allem bei der Entscheidung des weiteren Bildungsweges ist uns besonders wichtig.
Wie auch schon in der P2 zeigt sich die Ordnung und Struktur im Schriftbild (Leserlichkeit, geeignetes Schreibgerät, Schriftform, etc.) und in der Heft- und Mappenführung (Blattgestaltung, Ordnung halten, etc.). Das rechtzeitige Vorbereiten, das Einhalten von Abgabeterminen, das Mitbringen von Büchern, Heften, Kopien und anderen Unterlagen sind Tätigkeiten, die die Sekundariaschüler*innen bereits selbstständig ausführen sollten. Bei Bedarf bieten die Lehrer*innen begleitende Maßnahmen an. Eine zielführende Arbeitshaltung in der Sekundaria zeigt sich für uns durch eine aktive Beteiligung an Einzel-, Partner- und Gruppenarbeiten, durch die Umsetzung von Anweisungen und Aufträgen und durch die Fähigkeit, die eigene Konzentrationsspanne zu halten und mit dem Fokus bei den Aufgaben bleiben zu können.
An einer Lehre interessierte Schüler*innen empfehlen wir, mehrere unterschiedliche Praktika zu machen. In diesem Fall ist es wünschenswert, nicht nur den zukünftigen Lehrberuf, sondern außerdem weitere Firmen zu besuchen, um die jeweilige Fachrichtung des künftigen Berufes kennen zu lernen. Schüler*innen, die gerne eine weiterführende Schule besuchen möchten, ermutigen wir, sich unterschiedliche Schulen anzuschauen und Schnuppertermine auszumachen.